Tragfähigkeit und Bemessung axial belasteter Offshorepfähle
Leitung: Prof. Dr.-Ing. Martin Achmus
Bearbeiter: Dr.-Ing. F. tom Wörden / Dipl.-Ing. M. Heidenreich (geb. Müller)
Laufzeit: Abschluss 2010
Förderung durch: GigaWind
Einführung
Die Versorgung der Bundesrepublik Deutschland mit elektrischer Energie soll in den nächsten Jahren durch den Bau von Offshore-Windenergieanlagen in der Nord- und Ostsee erweitert werden. Die hierfür relevanten Wassertiefen liegen zwischen 20 und 30 m. Bei den aktuell angestrebten Anlagenleistungen von 5 MW hat sich ab einer Wassertiefe von rd. 20 m eine Gründung über aufgelöste Strukturen (Jacket, Tripod, Tripile) als derzeit bevorzugte Gründungsvariante herausgestellt.
Bei Jacket- und Tripodgründungen werden zur Verankerung im Meeresgrund offene Stahlrohrrammpfähle mit Durchmessern zwischen rd. 0,8 m und rd. 3,0 m zur Anwendung kommen. Die erforderlichen Einbindetiefen der Rammpfähle ergeben sich zumeist aus dem Bemessungslastfall für die axiale Tragfähigkeit auf Zug. Die Tragfähigkeit von Pfählen setzt sich im Allgemeinen aus dem Spitzenwiderstand – für Druckbeanspruchung - und dem Mantelreibungswiderstand zusammen.
Verfahren zur Abschätzung von Spitzendruck und Mantelreibung
Über die Richtlinien von Zertifizierungsgesellschaften (z.B. DNV 2004, GL 1999) wird für die Abschätzung von Spitzendruck und Mantelreibung auf die Ansätze der Empfehlungen des American Petroleum Institute (API 2006) für Offshore-Plattformen verwiesen. Für die Bemessung in nicht bindigem Boden ergibt sich der Spitzendruck ergibt demnach aus Gl. 1 und die Mantelreibung nach Gl. 2.
Diese Ansätze sind häufig Grundlage für die Bemessung von Rammpfählen für OWEAs. Da das API-Verfahren jedoch in theoretischer Hinsicht, wie auch in praktischer Hinsicht zu unbefriedigenden Ergebnissen führen kann, ist es in den letzten Jahren zu vermehrten Anstrengungen gekommen, um alternative ebenfalls auf Erfahrungen basierende Berechnungsverfahren zur Ermittlung der axialen Tragfähigkeit von Offshore- Rammpfählen zu entwickeln. Mit der Neuauflage der API im Jahr 2006, sowie der DIN EN ISO 19902 (2008) wurden diese Verfahren als alternative Bemessungsverfahren vorgestellt. Demnach ergibt sich der Spitzendruck aus Tabelle 1.
Die Mantelreibung wird nach den Verfahren ICP-05, UWA-05 und Fugro-05 folgender-maßen abgeschätzt. Die Parameter a, b, c, d, e, u und v sind hierbei verfahrensabhängige empirische Parameter.
Nach dem Verfahren NGI-05 wird die Mantelreibung hingegen nach Gl. 4 abgeschätzt.
Im Gegensatz zu dem Verfahren nach der API 2006 werden in diesen neuen CPT-basierten Verfahren die Mechanismen des Tragverhaltens von Offshore-Rammpfählen berücksichtigt. Hierzu zählen:
• die Pfropfenbildung
• die mit der Pfropfenbildung einhergehende Bodenverdrängung während der Rammung
• die Reibungsermüdung
• die Veränderungen des Spannungsbildes durch Rammung, Relaxation und Belastung
• die Ausbildung von Dilatanz während der Belastung
• die Interaktion zwischen Mantelreibung und Spitzendruck im Fall der Druckbeanspruchung
• die erhöhte Tragfähigkeit unter Druck- als unter Zugbeanspruchung infolge des Poisson-Effektes und der tragfähigkeitserhöhenden Wirkung der „Druckzwiebel“.
Vergleich der Verfahren
Diese neuen CPT-basierten Verfahren sind Grundlage für aktuelle weitere Untersu-chungen zur Tragfähigkeit axial belasteter Pfähle. Ein erster Vergleich dieser neuen Verfahren liefert folgende Ergebnisse.
Abbildung 2 gibt einen Ergebnisvergleich der verschiedenen Verfahren zur Berechnung der axialen Pfahltragfähigkeit. Darin wird die Zugtragfähigkeit RZ,API der API-06 bezogen auf die Zugtragfähigkeit RZ,CPT der CPT-basierten Verfahren über die Schlankheit des Pfahles L/D aufgetragen. Untersucht wurden Pfähle mit Einbindetiefen L von 20,0 m, 35,0 m und 50,0 m und mit Durchmessern D von 1,0 m, 2,0 m und 3,0 m. Für den Vergleich wurde als Baugrund ein Sand mit einer linear zunehmenden qc-Verteilung über die obersten 10 m auf den maximalen qc-Wert qc,max und einem anschließend konstantem Verlauf über die Tiefe z.
Die Berechnungsergebnisse der Abbildung 2 spiegeln den Trend der aktuellen Kritiken an der API 2006 wider. Aus Abbildung 2 wird deutlich, dass die berechneten Tragfähigkeiten nach der API-06 insbesondere für Pfähle geringer Schlankheit L/D viel geringer ausfallen als jene, die nach den CPT-basierten Verfahren berechnet worden sind. Mit zunehmender Schlankheit L/D dreht sich dieser Trend, insbesondere für kleine qc- Werte und damit geringere Lagerungsdichten, um. Dies lässt darauf schließen, dass eine Bemessung nach der API-06 für relativ kurze Pfähle in dicht gelagerten Böden sehr konservativ ausfällt.
Weiterhin wird aus Abbildung 2 der Unterschied zwischen den einzelnen Verfahren untereinander deutlich. Obwohl allen Verfahren die Auswertung zahlreicher Pfahlprobelastungen zugrunde lag, kommt es bei identischen Randbedingungen zu signifikanten Abweichungen der berechneten Zugtragfähigkeiten nach den CPT-basierten Verfahren. Dadurch wird die Frage nach den Anwendungsgrenzen der einzelnen Verfahren aufgeworfen. Hierzu werden aktuell Nachforschungen und Validierungen an Pfahlprobebelastungen aus der Literatur durchgeführt.
Einfluss zyklischer Belastung
Weiterführend darf auch der Einfluss zyklischer Lasten auf die Tragfähigkeit nicht außer Acht gelassen werden. Die zyklischen Beanspruchungen beeinflussen im Wesentlichen den Mantelreibungswiderstand, während die Pfahlfußtragfähigkeit indessen i.d.R. als unbeeinflusst angesehen werden kann. In der derzeitigen Bemessungspraxis wird daher der statische Mantelreibungswiderstand qs,k mit einem Sicherheitsbeiwert von meist rd. 2,0 abgemindert.
Neben der Art der Belastung (Schwell- oder Wechserllast) wird die axiale zyklische Tragfähigkeit auch durch die Baugrundeigenschaften, das Verhältnis von zyklischer Lastamplitude Ezykl und statischer Last E0 sowie durch die Zyklenanzahl N beeinflusst. Dabei gilt je größer die Zyklenanzahl N bzw. die zyklische Lastamplitude Ezykl ist, desto geringer die Tragfähigkeit.
Die DIN EN ISO 19902 (2008) weist zudem darauf hin, dass zyklische Beanspruchungen auch zu einer Erhöhung der Tragfähigkeit führen können, da durch eine geringe Lastamplitudengröße der Alterungseffekt des Bodens verstärkt werden kann. Insgesamt liegen jedoch nur lückenhafte Erfahrungen bezüglich der zyklischen Tragfähigkeit von Offshore-Rammpfählen vor.