Überwachung von Böschungen und Stützwänden mit geomesstechnischen Methoden

Leitung: Prof. Dr.-Ing. Werner Blümel
Bearbeiter: Dipl.-Ing. Maik Heinemann
Laufzeit: Abschluss 2009

Einführung

Zur Beurteilung der Standsicherheit von hohen Böschungen, beispielsweise an Verkehrswegen, an Dämmen oder an Tagebaugruben, sowie von Stützkonstruktionen und Ufereinfassungen wird in zunehmendem Maße neben der rechnerischen Untersuchung nach DIN 4084 auch die Beobachtungsmethode gemäß DIN 1054 und Eurocode 7 angewendet. Eventuelle Bewegungen der Böschung  insbesondere Kriecherscheinungen sollen mit geotechnischen Messmethoden frühzeitig erkannt werden, um anhand eines vorsorglich erstellten Programms von Gegenmaß- nahmen mögliche Schäden abzuwenden oder zumindest zu begrenzen. Vom Institut für Grundbau, Bodenmechanik und Energiewasserbau (IGBE) der Leibniz Universität Hannover werden für solche Beobachtungen vorzugsweise mobile Inklinometer verwendet. Um Böschungsbewegungen zuverlässig und frühzeitig zu erkennen, sind Angaben zur Messunsicherheit des Verfahrens und besondere Auswertungen mit statistischen Methoden erforderlich.

Messverfahren

Abb. 1: Böschungsquerschnitt mit Messkanälen und prinzipieller Darstellung des Messsystems Abb. 1: Böschungsquerschnitt mit Messkanälen und prinzipieller Darstellung des Messsystems Abb. 1: Böschungsquerschnitt mit Messkanälen und prinzipieller Darstellung des Messsystems
Abb. 1: Böschungsquerschnitt mit Messkanälen und prinzipieller Darstellung des Messsystems

Mit den üblichen geodätischen Messverfahren wie Nivellement und Triangulation können nur die Bewegungen an der Böschungsoberfläche erfasst werden. Bei Bewegungen von Böschungen treten jedoch auch Deformationen in tieferen Bodenschichten (Gleitzonen) auf.

 

Daher werden häufig im Böschungsbereich Hohlprofile als Messkanäle in Bohrungen annährend lotrecht eingebaut. Die Lage der Messkanäle im Raum wird mit einer Sonde, dem Inklinometer, vermessen. Messkanäle in Böschungen sind möglichst tief bis in solche Bodenschichten zu führen, in denen keine Deformationen erwartet werden, damit der Messkanalfuß für die Auswertungen als Festpunkt angenommen werden kann. Andernfalls wird bei jeder Inklinometermessung auch eine geodätische Bestimmung der Lage des Messkanalkopfs erforderlich.

Auswertung

Abb. 2: Abweichungen von 30 Wiederholungsmessungen, abhängig von der Messkanaltiefe bei einem Beobachtungszeitraum von einem Jahr (links); Vertrauensbereiche zufälliger Abweichungen zwischen Wiederholungsmessungen und Nullmessungen (berechnet auf der Ba Abb. 2: Abweichungen von 30 Wiederholungsmessungen, abhängig von der Messkanaltiefe bei einem Beobachtungszeitraum von einem Jahr (links); Vertrauensbereiche zufälliger Abweichungen zwischen Wiederholungsmessungen und Nullmessungen (berechnet auf der Ba Abb. 2: Abweichungen von 30 Wiederholungsmessungen, abhängig von der Messkanaltiefe bei einem Beobachtungszeitraum von einem Jahr (links); Vertrauensbereiche zufälliger Abweichungen zwischen Wiederholungsmessungen und Nullmessungen (berechnet auf der Ba
Abb. 2: Abweichungen von 30 Wiederholungsmessungen, abhängig von der Messkanaltiefe bei einem Beobachtungszeitraum von einem Jahr (links); Vertrauensbereiche zufälliger Abweichungen zwischen Wiederholungsmessungen und Nullmessungen (berechnet auf der Basis von 80 Wiederholungsmessungen) (rechts)

Abb. 2 zeigt die Ergebnisse von Inklinometermessungen, die zur Überwachung der Standsicherheit einer Böschung durchgeführt wurden. In der Böschung befinden sich im Abstand von jeweils 50 m fünf Messkanäle. Nach der Nullmessung (hier gemittelt aus zwei unabhängigen Messungen) wurden im Beobachtungsjahr pro Messkanal sechs Wiederholungsmessungen durchgeführt. Dabei ergaben sich gegenüber der Nullmessung die im Abb. 2 abhängig von der Messkanaltiefe dargestellten Abweichungen.

 

Auf der Basis der in Abb. 2 (links) gezeigten Messergebnisse sowie weiterer Inklinometermessdaten aus vergleichbaren Projekten des IGBE können statistische Modellierungen der zufälligen Fehler vorgenommen werden. Dafür werden die Normal- bzw. t-Verteilung sowie das Fehlerfort- pflanzungsgesetz von Gauss verwendet und Schätzbereiche (Vertrauensbereiche) für gewählte Wahrscheinlichkeiten p ermittelt. Die zufälligen Abweichungen einer Wiederholungsmessung in Bezug auf die Nullmessung sind mit der Wahrscheinlichkeit p innerhalb des zugehörigen Vertrauensbereichs zu erwarten. Abbildung 2 (rechts) zeigt ein Ergebnis dieser Auswertungen.

Beispiel

Abb. 4: Ergebnisse einer Vertikalinklinometermessung Abb. 4: Ergebnisse einer Vertikalinklinometermessung Abb. 4: Ergebnisse einer Vertikalinklinometermessung
Abb. 4: Ergebnisse einer Vertikalinklinometermessung

In Abb. 3 sind grafisch die Ergebnisse von an einer mit verankerten Spundwänden gesicherten Fließgewässerböschung durchgeführten Inklinometermessungen dargestellt.

 

Publikationen

Blümel, W.; Heinemann, M.; Nachtigall, T.: Analyse der Böschungsbewegungen und Sicherungsmaßnahmen für eine Bundesstraße neben einer Fließgewässerböschung, interner Forschungsbericht für die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, Geschäftsbereich Hannover, 2005

Blümel, W.; Lierse, J.: Verformungen an einem Schlitzwandschacht mit großem Durchmesser", VDI-Berichte 1196, VDI verlag GmbH, Düsseldorf, 1995

Blümel, W.; Düser, O.; Celis, E.: Auswertung von Inklinometermessungen zur Böschungs-überwachung", Tiefbau-Ingenieurbau-Straßenbau, Heft 7, 1991